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5R’s von Zero Waste

Aller Anfang ist schwer. Vor allem wenn man das Gefühl hat, man steht ganz am Anfang eines großen Projekts. Sind wir mal ehrlich: Zero Waste klingt verdammt einschneidend. Von 100 auf 0. Zero halt. Das ist visionär, radikal und unhandlich. Schließlich hat man ja auch noch einen Alltag, in den sich die neue Nachhaltigkeit integrieren muss. Keine Angst: Der erste Schritt hin zum Zero Waste Lifestyle hat vor allem mit Vorbeugen und Nachdenken zu tun.

Milena Glimbovski Ohne Wenn und Abfall

 

In ihrem Buch “Ohne Wenn Und Abfall” nähert sich Milena Glimbovski als Gründerin von Original Unverpackt und Pionierin der Zero Waste Bewegung in Deutschland, aus ihrem ganz persönlichen Blickwinkel dem Thema Zero Waste und geht dabei näher auf die 5R’s von Zero Waste ein, die Bea Johnson 2013 aufgestellt hat.

Ihr lest im Folgenden einen Auszug aus dem Kapitel “Was ist Zero Waste” aus Milenas Buch:

Refuse (Ablehnen)

Wenn ich alt bin, werde ich sicherlich nicht zurückschauen und mich freuen, dieses eine paar Schuhe erworben zu ha- ben. Es wird eher die Erinnerung sein, wo ich überall mit ihnen rumgestöckelt bin, und die Momente, in denen ich im Gullydeckel festhing oder betrunken meinte, ein paar Kids beweisen zu müssen, dass ich skaten kann. Auf High Heels. Die Ollies klappten immer. Aber die Schuhe waren ruiniert. Ich kaufe Dinge, die ich wollte, aber nicht brauchte. Besser wäre es gewesen, viele dieser Dinge erst gar nicht anzuhäufen. Mich auf das zu besinnen, was ich wirklich benötige.

Wenn ich jeden Tag in Sneakers ins Büro fahre und mich einmal im Monat in Stöckelschuhen aus dem Haus traue, dann brauche ich nicht mehr Stöckelschuhe als Sneakers. Eigentlich eine logische Rechnung. Je weniger ich anhäufe, desto weniger muss ich irgendwann entsorgen. Auch hier muss man kein Mathegenie sein, um die Logik nachvollziehen zu können.

Öfter mal Nein sagen. Zu unnötigen Einkäufen, aber auch zu Freebies: dem Werbekuli auf der Messe oder der Visiten- karte bei einem Businessmeeting, wenn man die Kontaktdaten doch schon hat. Diese Tradition verstehe ich eh nicht. Wir stehen doch schon im Kontakt, warum dann noch die Visitenkarte? Ist das ein »American Psycho«-Remake, in dem wir darum kämpfen, wer die hochwertigste Karte hat? Wenn ja, dann bin ich im falschen Film gelandet. Also: Nein, danke.

Reduce (Reduzieren)

Aussortieren, ausmisten, reduzieren: mein Lieblingshobby. Doof ist nur, dass wenig zum Aussortieren bleibt, wenn man es regelmäßig macht. Ich besitze mit der Zeit immer weniger und kann meinem Hobby deshalb gar nicht mehr so ausgiebig nachgehen. Es geht darum, sich auf das zu beschränken, was man wirklich braucht. All die Dinge, die bei mir so rumliegen, mit denen ich aber selbst wenig anfangen kann, könnten von jemand anderem gut genutzt werden. Sie bräuchten keine neuen Sachen kaufen, keine neuen Ressourcen ver- brauchen, wenn sie meine alten Sachen haben könnten.

Reuse (Wiederverwenden)

Wir müssen uns von dem Begriff »Einweg« und dem dahinterstehenden Prinzip verabschieden. Die Einwegzeiten sind vorbei – allen voran die der Einwegkaffeebecher und des Plastikbestecks. Wann wurde es hip, Coffee-to-go-Becher zu benutzen oder generell alles, was man schon hat, auch noch in Form von Einwegprodukten zu verbreiten? Das gibt es in allen Bereichen: von Einwegkameras und Regencapes über Papier- und Plastikteller bis zu Grills. Sobald Dinge mehr kosten, wissen wir sie mehr zu schätzen. Wir schmeißen sie nicht weg. Wir hocken uns in den Hof, holen das alte Werkzeug raus, das uns die Vormieter vererbt haben, suchen das passende YouTube-Video und wechseln den kaputten Reifen des Fahrrads aus. Man kann sich ja nicht gleich ein neues kaufen! Wir rufen den Handwerker, der zu spät und schlecht gelaunt vorbeikommt, aber tatsächlich die Waschmaschine repariert, die rumgezickt hat. Für die Höhe der Rechnung hätte man zwar fast eine neue kaufen und die alte entsorgen können, aber das wäre noch umständlicher gewesen. Bei günstigeren Dingen hingegen sind wir nicht so für- sorglich: Wenn die Hose ein Loch hat, kommt sie o sofort auf den Müll. Wenn die Kapsel-Kaffeemaschine nicht mehr will, dann kommt halt eine neue ins Haus, kostet ja nur einen Fuffi. Wenn das Handy langsamer wird, verschwindet es in einer Schublade und taucht nie wieder auf. Dabei können so viele Dinge einfach repariert werden. Das ist nicht nur preiswerter, sondern vor allem nachhaltiger. Es ist immer besser, etwas Altes weiterzubenutzen, als sich sofort etwas Neues zu holen. Das Gefühl des Stolzes darüber, dass man etwas selbst repariert hat, ersetzt das schnell verflüchtigte Kaufrausch-Gefühl um ein Vielfaches.

Recycling

ist einer dieser Begriffe, die ich gerne recyceln würde. Also, eher wegschmeißen und gleich ganz neu erfinden. Recycling wird so als Erklärung und Ausrede für so viel Einwegmist verwendet: »Das ist ja halb so schlimm, das wird schließlich recycelt.« Es ist ein bisschen wie Mülltrennung: vor allem fürs Gewissen gut – in Wirklichkeit aber nicht die ultimative Lösung.

Ein paar Fakten zu Anfang: Ja, Metalle, Glas, bestimmte Plastikarten und auch Papier können recycelt werden. Aber sehr selten zu hundert Prozent. Unter hohem Energieaufwand für die Trennung und noch höherem für das tatsächliche Recyceln wird der Sekundärwertstoff (ein anderes schönes Wort für Abfall) so verarbeitet, dass am Ende immer nur ein Teil wirklich wiederverwendet wird. Das bedeutet:

Schrott wird zu 45 bis 50 Prozent recycelt, Weißblech- dosen können sogar zu 100 Prozent recycelt werden

Glas: 85 Prozent, hoher Energieaufwand – jedes Glas besteht zu 60 Prozent aus altem Glas, bei grünem Glas sogar zu 90 Prozent

Plastik: 20 bis 50 Prozent

Papier:88 Prozent

Man muss allerdings aufpassen, etwa beim Glas. Denn Glas ist nicht gleich Glas: Glühbirnen, Brillengläser und Vasen aus Bleikristall gehören nicht in den Altglascontainer, da sie andere Schmelzpunkte haben und zu viel Blei enthalten. Energiesparlampen und Neonröhren gehören in den Sondermüll, da sie bei 1600 °C eingeschmolzen und mit Kalk, Sand und Soda zu neuem Glas verarbeitet werden. Auch Papier ist eine Herausforderung und nur etwa siebenmal recycelbar. Bei jedem Mal wird die Faser kürzer und das Papier weniger reißfest, weshalb auch bei Recyclingpapier ein kleiner Anteil Frischfaser beigefügt wird. Trotz alledem ist dies immer noch ökologischer als Papier, das ausschließlich aus frisch gefälltem Holz besteht.

Und der Restmüll? Der wird verbrannt. Thermische Müllverbrennung heißt das. Dabei entweichen folgende Gase in die Luft, je nachdem, welcher Müll in welchem Verhältnis vorhanden ist: Kohlendioxid, Wasser, Kohlenmonoxid, Schwefeloxide, Stickoxide, Salzsäure, Flusssäure und Quecksilber. Einige dieser Gase (Kohlendioxide und Stickoxide) absorbieren Wärme, tragen zur Klimaerwärmung bei und sind daher bekannt als Treibhausgase. Aber auch die an- deren Gase sind nicht ganz ohne und können sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Müllverbrennungsanlagen haben natürlich Rauchgas-Reinigungsanlagen, die dafür sorgen, dass die Schadstoffe in den Gasen unter den gesetzlichen Werten bleiben.

Einfache Hausmülldeponien sind seit 2005 verboten. Das Konzept der Müllkippe – »Alles drauf und Gedanken machen wir uns später« – ist nicht mehr. Die bisherige Deponierung von unbehandelten Abfällen führte dazu, dass giftige Substanzen ins Trinkwasser gelangen konnten.

Wir lernen also, Recycling allein ist nicht die Lösung, aber ein wichtiger Schritt, damit der Müll, der entsteht, so umweltfreundlich und korrekt entsorgt werden kann, wie das heutzutage möglich ist. Idealerweise müsste aber gar nicht recycelt werden, wenn wir einfach auf Müll verzichten könnten.

Rot (Kompostieren)

Und das Beste zum Schluss: Kompostieren. Das passiert in Deutschland auf Komposthaufen, in Biogasanlagen und auch in sogenannten Wurmkisten. Auf dem Kompost bzw. in der Biotonne können Nahrungs- und Küchenabfälle wie Eierschalen, Tee- und Kaffeesatz, Brotreste, verdorbene Lebensmittel, Frucht- und Gemüseschalen, Nussschalen, aber auch Gartenabfälle wie Unkraut, Laub, Erde und Zweige gesammelt werden. Was wir in der Biotonne entsorgen, wird in Biogasanlagen abgeführt. Mithilfe von Mikroorganismen entstehen daraus Kohlenstoffdioxid und Methan. Diese werden in ein Blockheizkraftwerk geleitet und zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. In Berlin zum Beispiel wird das Gas aufbereitet und ins städtische Gasnetz eingespeist. Die halbe Müllfahrzeug-Flotte der Berliner Stadtreinigung wird mit dem Gas betankt, wodurch pro Jahr 2,5 Millionen Liter Diesel gespart werden.

Nicht in die Biotonne dürfen Bioplastiktüten, zum Beispiel aus Maisstärke, im Prinzip aber alle Plastiktüten, egal welche Farbe sie haben und wie »bio« und »kompostierbar« sie sind: Sie zersetzen sich nicht und müssen mühsam aussortiert werden. Die Tüten lösen sich in Biogasanlagen nicht auf und sind in den üblichen Zeitrahmen der Anlagen nicht kompostierbar. Besser sind Papiertüten mit verstärktem Boden oder selbst gebastelte Tüten aus alter Tageszeitung, die normalerweise frei von Giftstoffen sein sollten – hier gilt natürlich: öfter leeren, bevor das Papier durchweicht.

Eine Alternative zu Biotonne und Komposter stinkt nicht, spart Zeit und bringt kleine Mitbewohner mit sich, die wenig Aufmerksamkeit brauchen: der Wurmkomposter für zu Hause. So eine Wurmkiste besteht aus mehreren Ebenen mit Erde und kleinen Würmern, die euren Biomüll zerfressen und zu Erde und Dünger verarbeiten. Man kann sie sich online bestellen oder nach einer der zahlreichen Anleitungen preiswert selber bauen.

 

Das Buch erschien am 5.10. im Kiwi Verlag.

Hier könnt ihr es erwerben bei uns im Online Shop oder natürlich auch im Laden.